Im Jahr 2013 war ein massives Hochwasser über das Mitteldeutsche Multimediazentrum (MMZ) in Halle hereingebrochen und hat insgesamt vier Etagen überflutet. Hierbei drangen 30 Millionen Liter Wasser in das Gebäude ein. Mitte 2018 lief der zweite Bauabschnitt einer aufwendigen Hochwassersanierung an. Diese soll 2020 beendet sein. Investiert werden sollen 14,746 Millionen Euro. [1] Teil des neuen Hochwasserschutzes ist eine über 50 Meter lange Mauer, welche das Innovationszentrum mit seinen 50 ansässigen Firmen zukünftig vor Naturgewalten schützen soll.
Im Zuge der Sanierung soll das MMZ auch attraktiver werden und erhält eine neue Veranstaltungszone sowie Gastronomie. [2] Soweit ein ganz normaler Vorgang, könnte man meinen.
Der Prüfbericht des Landesrechnungshof bringt in Zusammenhang mit diesen Vorgängen jedoch sehr bemerkenswerte Details ans Licht. In besagtem Bericht werden unter anderem die Auszahlung von Fluthilfegeldern aus dem Aufbauhilfefonds des Bundes an das Mitteldeutsche Multimediazentrum (MMZ) in Halle (Saale) sowie an das Privatunternehmen METRIX Media GmbH scharf kritisiert. Demnach habe es massive Verstöße der Investitionsbank (IB) Sachsen-Anhalt gegen die Förderrichtlinien gegeben. Dies ist insofern besonders pikant, als dass der ehemalige Geschäftsführer der IB, Manfred Maas, erst im Juni 2018 wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste.
Entgegen den 14,746 Millionen aus dem Jahr 2018 wurden für die vom Hochwasser zerstörte Infrastruktur Fördermittel in Höhe von 18.979.483,53 Euro bewilligt. Eine besondere Rolle scheint hierbei die besagte METRIX Media GmbH einzunehmen. Der durch diese Firma genutzte Bereich im Untergeschoss des MMZ wurde in Folge des Hochwassers völlig zerstört, woraufhin die Geschädigte 2015 Aufbauhilfe für einen Ersatzneubau beantragte. Begründet wurde der Antrag mit einem „Hochwasserbedingten Nachteilsausgleichs für die Firma, um die Produktionsbedingungen wiederherzustellen, die vor dem Schadenseintritt bestanden haben und die in der ‚Notlösung‘ der jetzigen Räumlichkeiten nicht realisierbar sind“. Diesem Ansinnen wurde im Oktober 2015 in Form eines Zuwendungsbescheids entsprochen. Die Investitionsbank bewilligte der METRIX Media GmbH einen Zuschuss über 1.905.487,12 Euro für einen Neubau und zur vollständigen Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit. [3]
Durch diesen Vorgang wurde die METRIX Media GmbH Eigentümerin eines eigenen Tonstudios im Wert 1,9 Millionen Euro, obwohl sie vor dem Hochwasser lediglich Mieterin der besagten Räumlichkeiten war. Und das, obwohl die Schadensermittlung insgesamt – für MMZ und in kleinem Umfang anteilig für die METRIX Media – für die in die Jahre gekommene Studiotechnik lediglich einen Betrag von rund 973.000 Euro aufwies.
Derlei Vorgänge sind schlicht ungeheuerlich und sagen viel über die Fördermittelvergabe in Sachsen-Anhalt aus. Es dürfte den Bürgern kaum vermittelbar sein, dass sich Unternehmen an den von der Solidargemeinschaft bereitgestellten Fördermitteln bereichern. Besonders skandalös ist in diesem Zusammenhang, dass Sachsen-Anhalt bei der Auszahlung der Fluthilfe an betroffene Wohnungseigentümer nicht hinterhergekommen ist, während die Fluthilfen für Unternehmen, kulturelle Einrichtungen und Sportstätten größtenteils längst ausbezahlt worden sind. Dass sich jeder Dritte der rund 3.000 Betroffenen Wohnungseigentümer mit hohen Rückforderungen durch die IB konfrontiert sah, bringt das Fass endgültig zum überlaufen. Mit der Begründung die Förderrichtlinien müssten penibel eingehalten werden, schickt die IB den Flutopfern nun Gerichtsvollzieher nach Hause bis hin zur Zwangsvollstreckung. Jeder weitere Kommentar erübrigt sich bei solchen Zuständen im Land.
Konfrontiert mit den oben geschilderten Sachverhalten, zeigen sich die Vertreter der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB) und des Wirtschaftsministeriums kleinlaut und argumentieren, es sei um die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit der Firma gegangen – da dies im MMZ aber nicht möglich gewesen sei, musste ein Neubau her.
Auch der Landesrechnungshof konstatierte, die METRIX Media GmbH sei mit der Bewilligung der Zuwendungen aus Hochwassermitteln für einen Neubau bessergestellt worden, als vor dem Hochwasser von 2013. Hierin sei ein Verstoß gegen die Fördermittelrichtlinie zu sehen.
Während die verantwortlichen Akteure die Angelegenheit unter den Tisch fallen lassen möchten, hat die AfD-Landtagsfraktion diesbezüglich eine Kleine Anfrage auf den Weg gebracht, um der Sache nachzugehen. Denn der eigentliche Skandal ist nach wie vor völlig unbeantwortet: Wie konnte ein Mieter nach der Schadensregulierung zum Eigentümer werden?
Quellen:
[3] https://lrh.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/LRH/Berichte/2018/LRH_LSA_JB_2018_1_E.pdf, S.78