Am 05. Februar 2021 legte die Landesregierung ihre Regierungsbilanz dieser Legislaturperiode vor.Im vorangestellten Grußwort des Ministerpräsidenten stellt Dr. Reiner Haseloff sich selbst und seiner Kenia-Koalition ein überaus positives Zeugnis aus. Das liegt in der Natur der Sache einer solchen Selbstbewertung. Aber wenn man es mit der Selbstbeweihräucherung übertreibt, wird die Angelegenheit zu einem grotesken Schauspiel.Herr Haseloff schreibt im Wortlaut: „Es wurde weiter kräftig investiert: in die Wirtschaftsförderung und den Ausbau der Infrastruktur, in die Kinderbetreuung und den Erhalt des kulturellen Reichtums im Land, in Bildung und Wissenschaft. Sachsen-Anhalt ist heute ein Land der Innovationen. Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit der Wende. Unternehmen haben ihr Engagement bei uns ausgebaut, der Strukturwandel in der Braunkohleregion nimmt Fahrt auf. Sachsen-Anhalt ist führend in der Nutzung der erneuerbaren Energien und wir werden unser Land zu einem Vorreiter bei der Nutzung der Wasserstofftechnologie machen. Wir haben den Weg der Haushaltskonsolidierung miteinander bewältigt und die innere Sicherheit in unserem Land verbessert.“
Spricht Herr Haseloff hier tatsächlich von unserem Bundesland, Sachsen-Anhalt, und wenn ja, von welchem Jahr? Die Wahrheit ist, Sachsen-Anhalt ist Schlusslicht und in fast jeder Hinsicht ein Sanierungsfall. Herr Haseloff kommt daher wie der Sandmann, der mit der einen Hand den Leuten Schlafsand in die Augen streut, und in der anderen Hand die Rote Laterne trägt. Im Grußwort der Regierungsbilanz heißt es, es sei kräftig in die Wirtschaft und die Infrastruktur investiert worden.Man möchte Herrn Haseloff zurufen: „Ihre Worte klingen gut, aber lassen Sie uns doch mal die Ergebnisse Ihrer Regentschaft betrachten! “Seit nun fast 20 Jahren hat der ehemalige Leiter eines Arbeitsamtes maßgeblichen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik Sachsen-Anhalts – angefangen 2002 als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, dann als Wirtschaftsminister und schließlich als Ministerpräsident – und was kam dabei heraus, außer Pleiten, Pech und Pannen?
Die durch Haseloff maßgeblich mitgetragene Idee, mit Millionen Euro an Fördergeldern aus Sachsen-Anhalt einen Wind- und Solarindustrie-Standort zu machen, ist mittlerweile gestorben und übriggeblieben sind zerstörte Landschaften und die höchstens Strompreise der Welt! Die Deutschen müssen für Strom im weltweiten Vergleich bereits am meisten bezahlen, aber Sachsen-Anhalt hat sogar innerhalb Deutschlands die höchsten Strompreise. Zumindest bei den Strompreisen ist Sachsen-Anhalt unter Haseloff also weltweit führend.Von der haseloffschen Fördergeldpolitik profitierten unseriöse Briefkastenfirmen und Beratungsunternehmen mit einem kurzen Draht zum Ministerpräsidenten – nachhaltige Arbeitsplätze entstanden jedoch nur in Einzelfällen.
Für das Zustandekommen der Kenia-Koalition opferte Haseloff die 20.000 Industrie-Arbeitsplätze in der Braunkohle, nur um sich mit Hilfe der Grünen an der Macht halten zu können. Denn seit Haseloff ab 2002 eine Rolle in der Landespolitik spielte, fuhr die hiesige CDU bei jeder Wahl ein schlechteres Wahlergebnis ein, als bei der vorherigen.Tatsächlich sind dringend notwendige Investitionen die Sparbüchse der Kenia-Koalition, wie es der Bund der Steuerzahler treffend feststellte. In der Legislaturperiode wurde ein Investitionsvolumen von 2,3 Milliarden Euro für alles Mögliche zweckentfremdet – für Genderbeauftragte, Wirtschaftsflüchtlinge und Diätenerhöhungen – aber nicht in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes investiert. Die Inkompetenz der Landesregierung geht so weit, dass sie es nicht einmal geschafft hat, die zur Verfügung stehenden EU-Gelder auch nur annähernd abzurufen. Allein 2019 sind rund 300 Millionen Euro an Investitionsmitteln nicht abgeflossen. Und trotzdem ist es nicht gelungen, den Haushalt wenigstens auszugleichen. Und das entgegen den Entwicklungen in den anderen Bundesländern.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Von der erst kürzlich auf rund 50 Milliarden Euro angehobenen Beitragszahlung pro Jahr, die Deutschland nach Brüssel überweist, fließt nur etwa 1/3 in Form von Fördergeldern zurück – und diese Fördergelder werden links liegen gelassen, ganz so als ob die Kenia-Koalition dieses „geschenktes“ Geld gar nicht nötig hätte. Tatsächlich scheute die Kenia-Koalition zum einen die aufzubringenden Kofinanzierungsmittel des Landes, die nötig sind, um die EU-Fördermittel abrufen zu können. Andererseits zeigte sich die Kenia-Koalition mit den strengen Compliance-Regeln und der komplizierten Antragsstellung der Brüsseler Bürokratie überfordert. Weil sich das Umweltministerium durch fehlerhaftes Handeln angreifbar machte, verhängte die EU-Kommission immer wieder Zahlungsstopps. Aktuell fordert die EU 18,7 Millionen Euro von Sachsen-Anhalt zurück, weil die Beteiligungsgesellschaft des Landes EU-Gelder missbräuchlich verwendete. Auch in die Infrastruktur sei laut Haseloff ebenso kräftig investiert worden, wie in die Wirtschaftsförderung.Die Wahrheit ist jedoch, dass der Investitionsstau bei der Infrastruktur so hoch ist, wie seit der Wende nicht mehr.
Die Landesstraßen- und Brücken sind heruntergekommen und brauchen zusammen 600 Millionen Euro. Die Gelder für den kommunalen Straßenbau wurden über die Jahre zusammengestrichen, so dass heute knapp 70 % der Gemeindestraßen in schlechtem oder sehr schlechten Zustand sind. Der Investionsstau bei den Gemeindestraßen beträgt laut aktuellem Gutachten 3,7 Milliarden Euro, dazu kommen Unterhaltungsrückstände von 500 Millionen. Die falsche Schwerpunktsetzung der CDU in Sachen Infrakstrukturpolitik geht Hand in Hand mit dem von den Grünen geführten Kampf gegen den Individualverkehr. Kenia setzt stattdessen auf Radwege. Der Bau von Radwegen ist zwar richtig, doch kein Radweg wird eine reguläre Straße jemals adäquat ersetzen können. Auch die Uni-Kliniken brauchen hunderte Millionen Euro. Die heruntergekommen Landesliegenschaften brauchen ebenfalls hunderte Millionen Euro. Der Landesbaubetrieb musste wegen Einsturzgefahr aus dem eigenen Dienstgebäude umquartiert werden.
Die Landesregierung setzt stattdessen auf Home-Office.Sachsen-Anhalt – wirklich „ein Land der Innovationen“?! Reiner Haseloff führt in seinen Vorträgen so gerne und häufig das Wort „Innovationen“ an, dass der Eindruck einer hohlen Floskel ensteht. Unter Innovationen werden Neuerungen verstanden, wenn diese zur Marktreife gebracht werden. Ein guter Indikator für die Innovationskraft sind daher die Anzahl der Patentanmeldungen beim deutschen Patent- und Markenamt.Im Ländervergleich zeigt sich leider, dass Sachsen-Anhalt innerhalb Deutschlands noch immer Schlusslicht ist. 2015 kamen in Sachsen-Anhalt 9 Patentanmeldungen auf 100.000 Einwohner, 2020 waren es nur noch 8 Patentanmeldungen. Zum Vergleich: Pro 100.000 Einwohner wurden in Brandenburg 12, in Sachsen 16, in Thüringen 29, und in Baden-Württemberg 117 Patente im Jahr 2020 angemeldet. Im Durchschnitt wurden 58 Patente in Deutschland pro 100.000 Einwohner angemeldet.
Was meint Reiner Haseloff also damit, wenn er davon spricht, Sachsen-Anhalt sei ein Land der Innovationen? Deutschland punktet vor allem im Bereich des Ingenieurswesens und dort im Bereich Automotive. Neun der zehn größten Patentanmelder in Deutschland kommen aus der Automobilindustrie. Die Kenia-Koalition sägt mit starrem Blick und beiden Händen mit der Elektro-Kettensäge am letzten dicken Ast des deutschen Wohlstands. Wie will Reiner Haseloff künftige Diätenerhöhungen finanzieren, um seine CDU-Fraktionskollegen weiter bei Laune zu halten? „Die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit der Wende“ – ernsthaft?! Kein Trommelwirbel, denn jeder weiß, dass das nicht stimmt. Die Arbeitslosigkeit erreichte 2019 den Tiefststand in Sachsen-Anhalt und steigt seitdem wieder an. Punkt. Von März 2020 bis zum März 2021 sind 16.000 Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt weggefallen. 6.000 von diesen, werden gegenwärtig in Maßnahmen der Jobcenter geparkt, so dass sie nicht in die offizielle Arbeitslosenstatistik eingehen. Was noch dazu kommt, ist, dass Sachsen-Anhalt die niedrigste durchschnittlich Anspruchshöhe beim Arbeitslosengeld in Deutschland hat, weil wir auch bei den Löhnen das Schlusslicht sind. Bei allem Respekt, aber den Vogel schießt der Ministerpräsident endgültig mit folgendem Satz ab: „Wir haben den Weg der Haushhaltskonsolidierung miteinander bewältigt.“Richtigerweise müsste es heißen: “Wir haben den Weg in die Haushaltskonsolidierung geebnet” und sollte diese Pandemie jemals beendet werden, was unwahrscheinlich ist, solange Merkel und ihre Handlanger an den Schaltstellen der Macht sitzen, dann stehen wir der eigentlichen Wirtschafts- und Finanzkrise erst gegenüber.
Die finanzielle Situation Sachsen-Anhalts war schon vor Corona miserabel: Aus der Mittelfristigen Finanzplanung aus dem Jahr 2019 ergab sich allein für das Jahr 2022 ein Haushaltsloch von über einer Milliarde Euro. Des Weiteren führte der Landesrechnungshof aus, dass selbst unter den günstigsten Bedingungen, also einer guten Konjunkturlage und weiter sprudelnden Steuereinnahmen – die es 2019 bekanntlich noch gab – ab 2022 kein ausgeglichener Haushalt mehr erreicht werden kann. Trotzdem ließ es sich die Kenia-Koalition nicht nehmen, trotz aller Warnungen eine dem Untergang geweihten Pleitebank zu retten.
Für die Nord/LB-Rettung wurde 2019 die Schuldentilgung von 100 Mio. Euro ausgesetzt und 98 Mio. neue Schulden aufgenommen. 198 Millionen Euro für eine Bank, der es seit 20 Jahren nicht gelungen ist, ein tragfähiges Geschäftsmodell vorzulegen und die, wie sei sollte es auch anders zu erwarten sein, aktuell erneut rote Zahlen schreibt.Der Landesrechnungshof hatte 2019 im Finanzausschuss eindringlich vor dem strukturellen Defizit gewarnt. Die Koalitionäre hörten zwar die Worte des Landesrechnungshofpräsidenten Kay Barthel und blickten dabei beschämt zu Boden, auf eine Verhaltensänderung wartete man jedoch vergeblich.
Corona hat das struktruelle Defizit lediglich vergrößert. Für die Jahre 2020/2021 konnte nur ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden, in dem die Rücklagen in Höhe von 730 Millionen Euro aufgelöst wurden. Im Jahr 2016 betrugen die Rücklagen noch rund 800 Millionen Euro. Es zeigt sich nun, dass immer mehr der konjunkturelle Abschwung in den Vordergrund rückt. Das Haushaltsjahr 2020 wurde mit einer Neuverschuldung von 779 Millionen Euro abgeschlossen. Die Rücklagen sind weg, die Schulden auf Rekordniveau. Das ist die wahre Bilanz der Kenia-Koalition unter Reiner Haseloff.